Magenkrebs

Der Krebs im Magen gehört in der westlichen Welt nach den bösartigen Erkrankungen der weiblichen Brust, den Tumoren der Lunge und des Dickdarmes mit zu den häufigsten Krebserkrankungen. Allerdings konnte in den letzten Jahrzehnten ein Rückgang der Erkrankungshäufigkeit festgestellt werden. Welche Faktoren dazu führten ist noch nicht restlos geklärt.

Über die Entstehungsmechanismen des Magenkrebses wurde trotz umfangreichster Studien noch kein einheitliches Konzept gefunden. Der heutige Kenntnisstand erlaubt lediglich die Definition einiger Risikogruppen. Dazu gehört eine erbliche Vorbelastung (genetische Disposition), eine chronisch, atrophe Magenentzündung und ein Zustand nach vorangegangener Magenoperation.

Umweltfaktoren und Ernährungsgewohnheiten

Umweltfaktoren, die ein erhöhtes Magenkarzinomriskio bedeuten stellen ein hoher Nitrat- bzw. Zinkgehalt im Trinkwasser und ein hoher Staubgehalt der Luft dar. Der Lebensraum von Küsten- und Vulkanregionen bedeutet ebenso eine gewisse Belastung.

Vielfach wurden auch die unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten untersucht, wobei ein geringer Zusammenhang mit gepökelter und geräucherter Nahrung, sowie mit fetten und stark öligen Speisen besteht. Eine deutliche Korrelation ist allerdings mit einem hohen Alkohol und Nikotinkonsum gegeben.
Männer erkranken etwa doppelt so oft wie Frauen am Magenkrebs. Der Erkrankungsgipfel ist für beide Geschlechter etwa gleich und liegt zwischen dem 55 und 70 Lebensjahr.

Von der Zellarchitektur entsprechen die meisten Magenkarzinome Tumoren der Magendrüsen (Adenokarzinom). Hinsichtlich der Lokalisation konnte in den letzten Jahren eine Zunahme des Sitzes im obersten Magendrittel festgestellt werden, während früher das letzte Magendrittel deutlich bevorzugt war. Heute kommt das Magenkarzinom in allen Magenabschnitten etwa gleich häufig vor.

Das Beschwerdebild ist zumeist völlig uncharakteristisch. Daher kommen Magenkarzinompatienten auch nur verzögert zum Arzt. Aber auch hier wird die Diagnose durch die unspezifischen Symptome nicht sofort gestellt. Untersuchungen in der Bundesrepublik Deutschland haben ergeben, dass bei 50% die Diagnose erst nach über 6 Monaten nach dem ersten Arztkontakt gestellt werden konnte. Eine Verkürzung dieser “fatalen Pause” ist nur durch eine zielstrebige Diagnostik und eine ausführliche Information des Patienten möglich (Japanisches Modell).

Zumeist werden von den Patienten Allgemeinsymptome angegeben. Es besteht ein allgemeines Schwächegefühl mit einem Leistungsknick oft in Verbindung mit einem starken kurzfristigen Gewichtsverlust. Von der abdominellen Seite wird ein Druckgefühl im Oberbauch angegeben, daneben kann ein wechselndes Völlegefühl, fauliges Aufstoßen und ein mehr oder weniger starker Mundgeruch bestehen.

Zumeist klagen die Patienten über Appetitlosigkeit, vor allem gegenüber Fleisch oder Nahrungsmittel, die sie bislang gut vertragen hatten. Oft kommen die Patienten erst mit einem tastbaren Tumor im Oberbauch mit einem weit fortgeschrittenen Tumorstadium ins Krankenhaus.

Erste diagnostische Maßnahme ist auch heute noch zumeist die Röntgenuntersuchung, die trotz fortschrittlichster Technik für die Frühdiagnose keine hinreichende Aussagekraft besitzt. Fortgeschrittene Tumore werden jedoch sicher dargestellt. Die Endoskopie steht im Zentrum der diagnostischen Maßnahmen.

Die Treffsicherheit der Gastroskopie liegt bei 97 – 99,7%.

Lediglich bei Ulcuskarzinomen und bei dem sogenannten Scirrhus (Variante des Karzinoms, bei dem eine Ausbreitung vor allem unter der Schleimhaut besteht) ergeben sich Schwierigkeiten bei der Verifizierung des Tumors. Sonst können alle Magenabschnitte gut eingesehen werden und aus jedem Bereich können gezielt Biopsien zur histologischen Diagnostik entnommen werden.

Weitreichende Bedeutung hat beim Magencarcinom auch die Endosonographie. Hierbei handelt es sich um ein kleines Ultraschallgerät, das auf der Spitze eines Endoskops platziert eine hervorragende Möglichkeit zur Beurteilung der gesamten Magenwand und der umgebenden Strukturen darstellt. Diese Untersuchungstechnik ist der Computertomographie hinsichtlich eines eventuellen Einbruches des Tumors in umgebende Organe ebenbürtig.

Laborchemische Untersuchungen zeigen zumeist unspezifische Veränderungen. Zumeist wird eine erhöhte Blutsenkung festgestellt. Das rote Blutbild zeigt eine Veränderung der Zahl und Größe der roten Blutkörperchen (mikrozytäre Anämie). Erhöhte Leberwerte (GGT, GOT, GPT, ALP) bei nachgewiesenen Magencarcinom sind oft Hinweise einer Leberbeteiligung. Immunologische Parameter wie das Carcinoembryonale Antigen (CEA) sind als Tumormarker nur für den Verlauf aber nicht für die Primärdiagnose aussagekräftig.

Zumeist bedeutet die Diagnose: “Magenkarzinom” die Indikation zu einer chirurgischen Intervention. Selbst bei lokal fortgeschrittenen Tumoren, die nicht mehr komplett entfernt werden können, führt die palliative Resektion zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Unter der Voraussetzung von wirksamen chemotherapeutischen Maßnahmen kann sich dieses Konzept in der nächsten Zeit ändern.

Behandlung der Präcancerosen

Unter einer echten Präcancerose wird eine Veränderung verstanden, auf dessen Boden sich innerhalb einiger Jahre, mehr oder weniger obligat, ein Karzinom entwickelt. Für den Magen hat dabei das echte Adenom und die sogenannte “borderline lesion” (flat adenoma) Bedeutung. Eine Schleimhautresektion kann auch endoskopisch durchgeführt werde. Veränderungen bis zu 2 cm Größe werden dabei mit einer Kochsalzlösung unterspritzt, mit einer stromführenden Schlinge gefasst und abgetragen. Kleine verbliebene Polypenreste könne auch mit Laser oder neuerdings mit einem Argon-Beamer oberflächlich zerstört werden. Vor allem japanische Chirurgen können bereits mit großem Geschick, eindrucksvoll und sicher große Schleimhautareale entfernen.
Die in der Regel flach im Antrum aufsitzende Borderline lesion sollte primär durch eine Magenresektion (2/3 Resektion nach Billroth) angegangen werden.

Moderne Behandlungsstrategien

Das operative Konzept wird von folgenden Faktoren beeinflusst:

  • Tumorgröße und Ausdehnung
  • Sitz des Karzinoms
  • Histologischer Typ (nach Lauren)
  • Allgemeinzustand des Patienten

Dabei muss bei dem operativen Vorgehen nicht nur der Resektion des Magens, sondern auch der radikalen Entfernung der lokalen Lymphknoten besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, da die Ausbreitung des Magentumors nicht nur kontinuierlich in die Umgebung, sondern vor allem über den lymphatischen Abflussweg erfolgt.

Für kleine Tumore im Bereich des Magenausganges kommt die, bereits Ende des 19 Jahrhunderts beschriebene 2/3 Resektion des Magens, in Frage. Zumeist ist jedoch eine subtotale oder totale Gastrektomie (Magenentfernung) erforderlich. Der Magen wird durch eine hochgezogene Dünndarmschlinge ersetzt, die mit der Speiseröhre verbunden wird. Bei Tumoren oberhalb und unmittelbar des Mageneingangsbereiches ist gegebenenfalls außerdem die Entfernung der Speiseröhre erforderlich.

Das Risiko der Magenresektion liegt neben allgemeinen Risikofaktoren vor allem in der Verbindung (Anastomose) der Speiseröhre mit der hochgezogenen Dünndarmschlinge. Von 3 bis über 20 Prozent reichen die Angaben über Heilungsstörungen (Insuffizienz) der Anastomose, wobei vor allem eine Durchblutungsstörung als Ursache angenommen wird. Die Therapie einer Insuffizienz besteht in einer suffizienten Drainage (Entlastung). Bei kleineren Leckagen ist unter Umständen eine CT-gezielte Drainage ausreichend. In Lokalanästhesie wird bei diesem Verfahren ein Drain unter radiologischer Kontrolle durch die Haut punktgenau bis zur Anastomose geführt. Auch endoskopische Verfahren mit dem Ziel die Lücke zu Verkleben können in Einzelfällen mit gutem Erfolg angewendet werden. In allen anderen Fällen ist eine neuerliche Operation erforderlich, wobei die Prognose durch die entzündliche Umgebungsreaktion des Bauchfells bestimmt wird.

Chemotherapie und Strahlentherapie

Zusätzliche Therapiemaßnahmen ergeben sich bei speziellen Indikationen durch den Einsatz der Chemotherapie und der Radiotherapie. Eine adjuvante Therapie (nach radikaler Operation) konnte bei zum Teil erheblichen Nebenwirkungen bisher keinen Vorteil nachweisen. Neue Präparatkombinationen stehen aber in klinischer Prüfung.
Grundsätzlich besteht bei einem primär inoperablen oder metastasierten Magenkarzinom die Indikation zu einem der bisher etablierten palliativen Therapieverfahren (FAMTX, EAP). In Einzelfällen kann durch eine frühzeitig vor der Operation begonnene Chemotherapie (neoadjuvant) ein lokal fortgeschrittener, primär nicht sicher komplett entfernbarer Tumor derart verkleinert werden, dass im Anschluss eine radikale Operation ermöglicht wird.

Der postoperative Einsatz der Strahlentherapie (Bestrahlung des Tumorbetts) ergibt keine sicheren Vorteile. Doch scheint die intraoperative Applikation von 20 bis 40 Gy auf das Tumorbett eine Verbesserung der Prognose zu bewirken. Moderne Operationsräume sind heute bereits derart konzipiert, dass dem Konzept der intraoperativen Bestrahlung Rechnung getragen werden kann.