Analfistel und Abszess

Abszesse im Analbereich sind ein relativ häufiges Beschwerdebild. Werden vielfach alle Beschwerden im Analbereich den Hämorrhoiden zugeschrieben so wird hier rasch klar, dass die Beschwerden eine andere Ursache haben. Ausgangspunkt sind die Krypten, die knapp vor dem Ausgang zumeist mit Stuhlresten gefüllt sind.

Eine Infektion der dort einmündenden Drüsen führt zur Ausbildung eines Abszesses im Bereich der Schließmuskulatur. Die Ausbreitung der eitrigen Entzündung erfolgt oft in Richtung zur äußeren Haut, seltener entlang des Mastdarmes nach oben. Nach einem spontanen Durchbruch entwickelt sich an dieser Stelle eine Fistel. Eine Spontanabheilung einer solchen Fistel ist zwar möglich, zumeist findet sich jedoch ein rezidivierender Verlauf mit wechselhaften Auftreten von Abszessen und Fistulierungen.

Andere Ursachen von Fisteln im Analbereich können chronisch entzündliche Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sein. Seltenere Ursachen sind die Tuberkulose oder ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).

Inter-, trans- und extrasphinktär

Eine Einteilung der Fisteln erfolgt nach ihrer Lokalisation und dem Bezug zur Schließ- und Beckenbodenmuskulatur:

  • In 25 % findet sich eine intersphinktäre Fistel (zwischen innerem und äußerem
    Schließmuskel
  • In dem Mehrzahl besteht eine transphinktäre Fistel (60%), die quer durch die
    Schließmuskulatur verläuft
  • Eher selten (5%) liegt die Fistel extrasphinktär und mündet hoch über dem Schließmuskel
  • In ca. 10% der Fälle verläuft die Fistel innerhalb der Schleimhautschicht (submucös)
    ohne Beteiligung der Muskulatur

Die ersten Beschwerden sind immer zunehmende Schmerzen im und neben dem Anus. Im weiteren fällt eine druckschmerzhafte Schwellung der äußeren Haut auf. Bei höherem Sitz des Abszesses wird ein Fremdkörpergefühl unmittelbar im Darm angegeben.
Es kommt zu einer schmerzbedingten Beeinträchtigung der Beweglichkeit und Behinderung im Stehen und vor allem im Sitzen. Eine weitere, zunehmende Beeinträchtigung besteht auch beim Stuhlgang. Systemisch macht sich der Abszess durch fieberhafte Temperaturen bemerkbar.

Zumeist besteht der Abszess bereits mehrerer Tage, bis ein Arzt konsultiert wird. Dann findet sich oft schon ein eindrucksvoller Befund. Unmittelbar neben dem Anus wölbt sich ein hochschmerzhafter Tumor vor, die darüberliegende Haut ist düsterrot und sezernierend. Eine Untersuchung mit dem tastenden Finger ist wegen der hochgradigen Schmerzhaftigkeit nicht mehr möglich.

Erleichterung nach einem Durchbruch

Nach einem spontanen Durchbruch entleert sich der Abszess mehr oder weniger vollständig, die Schwellung geht zurück, wodurch auch eine Linderung der Schmerzen gegeben ist. Oft resultiert eine anhaltende Sekretion durch die Fistel, was als ständiges Schmieren neben dem Anus auffällt. Andere Symptome wie Juckreiz und Brennen sind Folge dieser Sekretion, aber sonst eher unspezifisch.

Ein Abszess im Analbereich ist derart auffallend, dass die klinische Untersuchung allein zumeist ausreicht um eine sichere Diagnose und damit weiter die Indikation zu einer Operation zu stellen. Höher gelegene Abszesse, die nicht augenscheinlich sind können durch eine rectale Untersuchung vermutet werden. Hierbei kann durch den tastenden Finger eine schmerzhafte, pralle oder derbe Resistenz in der Umgebung des Mastdarms festgestellt werden.

Von den bildgebenden Untersuchungen kann bei unklaren Befunden eine Computertomographie des kleinen Beckens oder eine Ultraschalluntersuchung des Mastdarms (Endosonographie) zur Sicherung der Diagnose führen. Dabei werden die Größe und Ausdehnung des Abszesses und seine Beziehung zu den umgebenden Organen festgestellt.

Wann sind endoskopische Verfahren sinnvoll?

Eine Indikation zu einem endoskopischen Verfahren besteht bei Verdacht auf Vorliegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Da diese Untersuchung bei einer Entzündung im Analbereich zumeist äußerst unangenehm und schmerzhaft ist, wird eine Rektoskopie oder eine Coloskopie in diesen Fällen in Narkose durchgeführt.

Die schwierige Darstellung der inneren Öffnung

Diffizil kann die Diagnostik der Fissuren sein. Oft ist die äußere Fistelöffnung sehr klein und nicht auffallend. Durch Druck auf das umgebende Gewebe kann eine Sekretion durch die Fistel provoziert werden. Auch die innere Fistelöffnung ist zumeist so klein, dass sie auch bei einer routinemäßig durchgeführten Endoskopie nicht erkannt wird.

Ist die äußere Öffnung identifiziert, dann kann durch Injektion einer gefärbten Lösung zumeist auch die innere Fistelöffnung erkannt werden. Durch Auffüllen des Gangsystems mit einem Röntgenkontrastmittel wird dieses in kompletter Ausdehnung auch röntgenologisch dokumentiert. Komplettiert wird die Abklärung durch die Endosonographie, wodurch die Beziehung der Fistel zu den Schließmuskeln dargestellt werden kann.

Sowohl Abszess, wie auch Fistelbildungen sind eine Domäne der chirurgischen Therapie. Lediglich bei Fisteln durch chronisch entzündlichen Darmerkrankungen steht die medikamentöse Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund. Antibiotika sind zumeist ohne Effekt und nur bei ausgedehnten Fällen indiziert.

Incision und Drainage beim Abszess

Der operative Eingriff wird zumeist in Vollnarkose durchgeführt. Durch einen Schnitt über der schmerzhaften Vorwölbung wird das infizierte Sekret entleert. Danach wird die innere Fistelöffnung gesucht, was allerdings nur in einem Drittel der Fälle gelingt. Durch eine Spaltung der Schleimhaut über der Fistel kann diese komplett ausheilen. Klingt einfach, ist es aber zumeist nicht. In der Mehrzahl der Fälle verläuft die Fistel durch die Muskulatur. Eine Spaltung derselben verbietet sich wegen der daraus resultierenden Schwächung des Schließmuskelapparates. Eine chirurgische Resektion der Fistel beim Abszess wiederum ist durch eine enorm hohe Rezidivrate gekennzeichnet. So hat sich bei hoch gelegenen Fistel eine Drainage durch Einlagen eines Fadens bewährt (Seton = die Bezeichnung für diesen Faden im englischsprachigen Raum, wo dieses Verfahren besonders propagiert wird). Dieser Seton wird außerhalb des Anus verknüpft und verbleibt so 3-6 Wochen. Dadurch wird eine permanente Drainage erreicht, wodurch die akute Erkrankung in eine chronische Form übergeführt wird.

Fistulektomie und Mukosalappenplastik

Ziel der Fistelchirurgie ist nicht nur die Entfernung der Fistel, sondern vor allem auch ein sicherer Verschluss der inneren Fistelöffnung. Während für in der Schleimhaut verlaufende Fisteln eine Spaltung der Schleimhaut komplett ausreicht, gestaltet sich die Therapie der komplexeren Fisteln zumeist eher schwierig. Zunächst besteht oft nicht nur ein einziger Fistelgang, sondern ein Fuchsbau mit unzähligen blind endenden Gängen, die oft auch bis auf die gegenüberliegende Seite des Anus reichen und diesen hufeisenförmig umgeben. Neben der Entfernung des Fistelsystems wird auch die innere Fistelöffnung mit der umgebenden Schleimhaut reseziert. Um einen dauerhaften Verschluss der inneren Fistelöffnung zu erreichen wird ein Schleimhautlappen gebildet und zur Deckung der Fistel verwendet. Nicht unwesentlich für den Ausgang der Operation ist die entsprechende Nachbehandlung mit einer medikamentösen Unterdrückung der Stuhlentleerung (z.B. mit Imodium© oder Opiumtropfen) und einer entsprechenden Ernährung (sog. Astronautenkost = das sind spezielle komplett resorbierbare flüssige Nährlösungen in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen).

Wie sicher ist die Operation?

Gelingt eine vollständige Entfernung der Fistel, so können bei korrektem chirurgischem Vorgehen die meisten (in spezialisierten Abteilungen bis 95%) aller Fisteln ohne Kontinenzverlust und ohne Rezidiv geheilt werden.

Aufgeklärt werden müssen die Patienten über mögliche Komplikationen. Von Patienten wird am meisten eine Schädigung des Schließmuskels gefürchtet. Dabei wird gelegentlich eine Schwächung der Muskulatur beobachtet, in anderen Fällen kann es auch die narbige Schrumpfung zu einer Verengung im Analbereich kommen. Die häufigste Komplikation stellt allerdings das Fistelrezidiv dar. Jahrelang bestehende Fisteln können auch der Ausgangspunkt für die Entstehung eines Analkarzinoms sein.