Krampfadern der Beine

von P. Razek und A. Flor

Eine der häufigsten Erkrankungen der westlichen Gesellschaft ist die Varikositas (von “Varus”: Knoten), besser bekannt unter dem Begriff Krampfadern (Krampf bedeutet nicht Verkrampfung der Ader sondern stammt vom althochdeutschen Begriff “Krumm”: Krumme Adern oder krumme Gefäße.)

Die Krampfadernerkrankung ist ein Leiden, das unsere Venen betrifft. Venen sind die Blutgefäße, die das Blut vom Körper zum Herzen zurück transportieren. Die Gefäße, die den Blutstrom vom Herzen zu den verschiedenen Organen führen, heißen Schlagadern oder Arterien. Im Gegensatz zu den Arterien ist die Venenwand eher dünn. Bedingt durch unseren aufrechten Gang werden die Venen einem hohen Druck ausgesetzt. Beeinträchtigt wird die Venensituation noch durch die veränderte Lebensweise: Sitzende Tätigkeiten, wenig Bewegung, Übergewicht, schlechte Ernährung, Nikotin.

Vorbeugende Maßnahmen sind auch abendliches Hochlagern der Beine, ausreichende Bewegung, Vermeiden zu langer sitzender oder stehender Tätigkeiten.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es sich bei einem Krampfaderleiden der Beine um eine häufige Erkrankung handelt. Am Beginn des 21. Jahrhunderts haben wir die Möglichkeit, mittels moderner diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, medizinisch und kosmetisch anspruchsvolle Ergebnisse zu erzielen.

Krampfadern (Varizen) gibt es in verschiedenen Ausprägungsformen. Diese reichen von zarten, blauen, in der Haut gelegenen, netzförmigen Äderchen (Besenreiser) bis zu dicken, strangförmigen, teilweise über dem Hautniveau liegenden Venenwülsten.
Bei der Stammvaricose sind Venenklappen der großen oberflächlichen Vene, die sich an der Innenseite des Beines befindet und hier in die tiefe Beinvene einmündet, größtenteils zerstört. Auffallend ist die stark vergrößerte Vene im gesamten Verlauf bis in den Unterschenkel.

Bei einer Seitenastvaricose kommt es lediglich zum Rückstau in einem Seitenast, während der Hauptstamm funktionsfähig bleibt. Das klinische Bild ist wesentlich geringer ausgeprägt, der einzelne Venenast ist deutlich erkennbar.

Bei fortgeschrittenem Verlauf des Krampfaderleidens besteht zumeist eine Kombination aus Stamm- und Seitenastvaricose.

Zwischen dem tiefen und dem oberflächlichen Beinvenensystem finden sich einige Verbindungsgäste. Bei einer Schlussstörung der Venenklappen an dieser Stelle kommt es zum “Blow out” an der darüberliegenden Haut. Klinisch besteht eine umschriebene, prallelastische Vorwölbung, die üblicherweise kirschgroß, in Extremfällen aber sogar marillengroß imponieren kann. Darunter tastet man die Lücke im festen Bindegewebe.
Besenreiser sind zarte, blaue, in der Haut gelegene, netzförmige Äderchen (Besenreiser) und zumeist nur ein kosmetisches Problem.

Bei lange bestehenden Krampfadern kommt es durch den erhöhten Druck auf die Haut zu einer Störung der Mikrodurchblutung. Die Haut wird derb und braun pigmentiert. Im schlimmsten Fall bricht die Haut auf und ein mehr oder weniger großes Geschwür entsteht.

Ein Blutstau in den erweiterten oberflächlichen Venen verursacht eine lokale Entzündung. Die Haut über dem Knoten ist dann stark gerötet und druckschmerzhaft. Zumeist setzt sich diese Veränderung auf die benachbarten Krampfadern fort.

Noch gefährlicher ist ein Stau in dem tiefen Beinvenensystem, bei Veränderungen der Zirkulation im Bein (Thrombose). Durch den gestörten Blutabfluss schwillt das gesamte Bein an. Vor allem die Waden sind bei Berührung stark schmerzend. Das Risiko einer tiefen Beinvenenentzündung liegt jedoch vor allem daran, dass sich der Gefäßverschluss von selbst wieder lösen kann und der Verschlusspfropfen (Embolus) in die Lunge gespült wird und dort zu einem Lungeninfarkt führt.

Die diagnostischen Schritte werden der jeweiligen Venensituation angepasst. Waren früher noch Venenröntgenuntersuchungen Standard, werden diese zunehmend durch modernere Techniken ergänzt.

Bei der von einem Radiologen durchgeführten Kontrastmitteldarstellung der Beinvenen (Phlebographie, Varikographie) wird zunächst eine Vene des Fußrückens punktiert, eine Staubinde oberhalb des Knöchels angelegt und dann das jodhaltige Kontrastmittel appliziert. Bei insuffizientem Klappenapparat füllen sich die erweiterten Venen und stellen sich so im Röntgenbild dar. Sorgfältig muss man zuvor eine bekannte Kontrastmittelallergie ausschließen. Auch Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen müssen vor einer Untersuchung entsprechend abgeklärt werden.

Weniger belastend ist die Duplexsonographie (Ultraschalluntersuchung) der Venen. Diese erlaubt vor allem eine genaue Beurteilung der Venenklappe in der Leiste. Ergänzt wird diese Untersuchung durch eine Messung der Blutabströmgeschwindigkeit (Lichtreflexionsrheographie).

Die Behandlung ist stadiengerecht und richtet sich nach Art und Ausdehnung der Krampfadern. Grundsätzlich stützt sie sich auf eine medikamentöse Therapie, auf die Kompressionstherapie (Druckunterstützung) mit Stützstrümpfen und auf die operative Entfernung.

Bei der medikamentösen Therapie sind vor allem die Extrakte des japanischen Schnurbaumes (Flavinoide, wie z.B. Venuroton) zu nennen. Diese erhöhen den Tonus der venösen Gefäße. Das bedeutet, dass die Spannung und Kraft der dünnen Venenwand gestärkt wird und dem hydrostatischen Druck so entgegenwirkt. Diese Medikamente weisen kaum Nebenwirkungen auf und können auch längere Zeit eingenommen werden. Der Effekt tritt allerdings nicht gleich auf, sodass auch bereits primär eine längere Einnahme bis zum Wirkungseintritt erforderlich ist (Wochen). Bei stärkeren Krampfadern wird eine medikamentöse Unterstützung mit einer Kompressionstherapie kombiniert. Dabei werden die weiten Venen komprimiert und das Bein entstaut.

Moderne Chirurgie

Bei einem Venenklappendefekt oder bei ausgedehnten Krampfaderleiden sind eine chirurgische Entfernung der erweiterten Venen und eine Unterbindung der defekten Klappe indiziert. Moderne Operationsverfahren reichen von einer sogenannten Stripping Operation (komplette Entfernung der Krampfadern in Allgemeinnarkose, stationärer Aufenthalt zwischen einem und drei Tagen) über minichirurgische Seitenastexstirpation (Entfernung einzelner Krampfadern in Lokalanästhesie, ambulante Behandlung) bis zu Sklerosierung (Verödung) und Laserbehandlung. Ein kosmetisch anspruchsvolles Ergebnis ist wichtig. Oft werden am Bein nur Schnitte von weniger als 3mm gesetzt die nach einiger Zeit vollständig verblassen.

Bei Stripping der Vena saphena magna (das ist die große oberflächlich verlaufende Vene) wird diese an der Einmündung ins tiefe Beinvenensystem dargestellt. Diese Einmündung befindet sich in der Leistengegend. Alle weiteren hier einmündenden Venenäste müssen sorgfältig unterbunden werden. Eine dünne Sonde wird vom Innenknöchel durch die Vene bis in die Leiste geführt. Die Vene saphena wird anschließend über diese Sonde entfernt, wobei zumeist kein weiterer Hautschnitt erforderlich ist. Eine Kompression mit einem Stützstrumpf wird nach jedem Eingriff empfohlen (2 Tage nach Sklerosierung, bis 6 Wochen nach Strippingoperation).
Dieser Eingriff wird in Vollnarkose oder mit einem Kreuzstich durchgeführt. Einzelne Abteilungen führen die Operation auch in lokaler Betäubung durch.

Die Patienten müssen darauf hingewiesen werden, dass es beim Stripping eventuell zu einem größeren Bluterguss im Bein kommen kann. Durch eine entsprechende Kompressionstherapie kann dies weitgehend vermieden werden. In 5-10% (!) kommt es zu einer Verletzung eines oberflächlichen Nervenastes am Unterschenkel. Die Folgen sind Gefühls- und Empfindungsstörungen an der Innenseite und der Knöchelregion.

Eine Neigung zu Thrombosen besteht bei Eingriffen in der Leiste und bei Operation von Krampfadern, sodass vielfach auf eine postoperative Blutverdünnung aufmerksam gemacht wird. Dabei hat sich die Selbstinjektion mit niedermolekularen Heparinoiden (Fragmin, Lovenox, Sandoparin) für 10 Tage als sinnvoll erwiesen.

Eine Verödungsbehandlung oder eine Lasertherapie wird in vielen Fällen angeschlossen, um das kosmetischen Ergebnis zu optimieren.