Gastritis – Entzündung der Magenschleimhaut
von Dr. Susanne Biowksi-Frotz & Univ.-Doz.Dr. Michael Gschwantler
Unter dem Begriff “Gastritis” versteht man eine entzündliche Veränderung der Magenschleimhaut, die sehr unterschiedliche Ursachen haben kann. Diese Veränderungen können den gesamten Magen betreffen oder isoliert in den einzelnen Abschnitten vorkommen. Dabei wird nach dem unterschiedlichen Aufbau der Schleimhaut zwischen Mageneingang (Fundus), Magenkörper (Corpus) und dem Magenausgangsbereich (Antrum) unterschieden.
Eine akute kurzzeitige Gastritis kann durch zahlreiche Faktoren ausgelöst werden. Erhöhte Stressbelastung, unregelmäßiges Essverhalten, Nikotin, Alkohol und die Einnahme von Aspirinpräparaten und anderen entzündungshemmenden Medikamenten haben über lokale und hormonelle Faktoren Einfluss und bewirken so eine Reaktion der Schleimhaut. Schon eine Tablette Aspirin kann bei manchen Menschen durch Schädigung der sogenannten Schleimhautbarriere des Magens für Tage eine akute Gastritis bis hin zur Magenblutung verursachen. Die Schleimhautbarriere verhindert beim gesunden Menschen, dass die im Magen produzierte Magensäure die innerste Schicht des Magens schädigt. Aspirin und auch die meisten Schmerzmittel verhindern aber den Aufbau dieser Schutzschicht und können dadurch zu einer Entzündung führen. Nach dem sogenannten Sydney-System der Gastritisklassifikation werden drei Hauptformen der Gastritis unterschieden:
A-Gastritis oder Autoimmungastritis
Die A-Gastritis ist relativ selten und macht insgesamt nur etwa 5% aller chronischen Gastritiden aus. Es handelt sich dabei um eine Gastritisform, die im Wesentlichen auf Magencorpus und Magenfundus (also auf den “oberen” Anteil des Magens) beschränkt ist. Bei den meisten Patienten ist die Erkrankung mit der Bildung von Autoantikörpern gegen Belegzellen und gegen den “intrinsic-factor”, der für die Resorption von Vitamin B12 nötig ist, assoziiert. Als Folge der Autoimmungastritis kann ein Vitamin B12-Mangel auftreten, der schwere Störungen wie Anämie, Thrombozytopenie, Leukozytopenie, Störungen der Zellregeneration an Schleimhäuten sowie neurologische Symptome verursachen kann. Eine Autoimmungastritis bedeutet für den Patienten ein etwas erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Magenkarzinoms bzw. eines Magenkarzinoids.
B-Gastritis oder bakterielle Gastritis
Dieser mit Abstand häufigste Gastritistyp wird durch eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori verursacht. Während in vielen Entwicklungsländern die Durchseuchungsrate deutlich über 90% liegt, sind in Industrienationen etwa 30% der Bevölkerung infiziert. Im Rahmen der Infektion kolonisiert das Bakterium zunächst die Antrumschleimhaut (also den “unteren” Anteil des Magens) und führt dort zur Entwicklung einer Antrumgastritis. Besonders bei Patienten mit niedriger Magensäureproduktion kann sich die Entzündung in der weiteren Folge auch auf Magencorpus und Magenfundus ausdehnen. Als Folgeerkrankung einer B-Gastritis können bei einem Teil der Infizierten Geschwüre im Magen oder im Duodenum auftreten. Die Infektion mit Helicobacter pylori bedeutet außerdem ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Magenkarzinoms bzw. eines Magenlymphoms vom MALT-Typ.
C-Gastritis oder chemisch induzierte Gastritis
Dieser Gastritistyp kann durch zahlreiche Medikamente, Alkohol oder durch Reflux von Galle aus dem Duodenum in den Magen verursacht werden. Die häufigste Ursache einer C-Gastritis ist die Einnahme von NSAR (nichtsteroidaler Antirheumatika). NSAR können nicht nur eine Gastritis sondern auch Ulcera ventriculi und Ulcera duodeni verursachen.
Neben diesen Haupttypen der Gastritis gibt es noch seltenere Gastritisformen wie Morbus Crohn, lymphozytäre Gastritis, Riesenfaltengastritis, Tuberkulose, Sarkoidose, eosinophile Gastritis u.a., die hier nicht näher besprochen werden können.
Symptome und Beschwerden
Bei akuter Gastritis berichten Patienten häufig über einen plötzlichen Beginn, verbunden mit Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Bereich des Oberbauches. Aber auch eine belegte Zunge, Mundgeruch, Luftaufstoßen sind oft erste Anzeichen einer Magenentzündung.
Dauern diese Beschwerden länger als 14 Tage, sollte das weitere diagnostische Vorgehen mit dem betreuendem Hausarzt (Ärztin) besprochen werden.
Bei chronischer Gastritis gibt es keine typischen Symptome: Viele Patienten berichten über uncharakteristische Beschwerden wie Übelkeit, Völlegefühl oder Oberbauchschmerzen, während die Erkrankung bei anderen völlig symptomlos verläuft.
Diagnose
Bei länger bestehenden Beschwerden sollte zur Abklärung einer Gastritis unbedingt eine Gastroskopie erfolgen. Alternativen wie Magenröntgen, Blutuntersuchungen auf Helicobacter und andere diagnostische Maßnahmen sind für eine Diagnosestellung wenig geeignet und nur für einzelne Fragestellungen als Ergänzung sinnvoll.
Bei einer Magenspiegelung kann zunächst die Mucosa im gesamten Magenbereich hervorragend eingesehen werden. Dabei wird die Lokalisation und Ausdehnung der Entzündung festgestellt. Darüber hinaus ist es auch möglich das Magensekret und die Beweglichkeit der Magenwand zu beurteilen. Die Diagnose Gastritis ist aber auch eine histologische Diagnose. Denn während der makroskopische erhobene Befund zumeist nur dem subjektiven Eindruck und der Erfahrung des Untersuchers entspricht, ist durch eine Gewebeentnahme (Probebiopsien aus verschiedenen Abschnitten des Magens zur mikroskopischen Untersuchung) eine sichere und objektive Diagnose gewährleistet.
Die Wiederentdeckung des Bakteriums Helicobacter pylori durch die beiden Australier Warren und Marshall im Jahre 1983 hat die pathophysiologischen, diagnostischen und therapeutischen Konzepte zahlreicher Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltraktes revolutioniert.
Über den Helicobacter pylori
Helicobacter pylori ist ein Bakterium, das die Schleimhaut des gesamten Magens besiedelt und zu einer lebenslangen Entzündung führt. Nur selten kommt es nach akuter Infektion zur Spontanheilung. Durch giftige Produkte des Keims wird die Magenschleimhaut bis zum Geschwür geschädigt. Der Keim lebt zwischen den Drüsen in der Magenwand, wo er ideale Lebensbedingungen vorfindet. Er wird durch den Stuhl abgekapselt ausgeschieden und kann so zur Ausbreitung der Infektion führen. Allerdings ist er außerhalb des Körpers nicht lange lebensfähig. Die Infektion erfolgt über den Mund und findet zumeist bereits in Kindesalter statt.
80% aller Gastritisfälle werden durch Helicobacter pylori verursacht. Die H.P. Gastritis ist die Grundbedingung für eine Reihe von möglichen Folgeerkrankungen. Chronische Erosionen, Zwölffingerdarmgeschwür, Magengeschwür sind fast immer mit einer Helicobacter pylori Keimbesiedelung assoziiert. Helicobacter Pylori 1994 von der WHO zum Karzinogen der 1.Klasse ernannt und kann mit einer Reihe von anderen Faktoren (Erbfaktoren, Rauchen, Stress, Vitamin C Mangel, Nitrosamine) zum Magenkrebs oder Lymphkrebs im Magen führen. Allerdings ist festzuhalten, dass dieses Risiko nur sehr gering zu sein scheint.
Therapie
Die beste Therapie der Gastritis liegt in der Prophylaxe (Vorbeugung). Leider ist ein solche hinsichtlich der A-Gastritis (Autoimmungastritis) ist nicht bekannt.
Die B-Gastritis wird durch das Bakterium Helicobacter pylori verursacht und ist daher als Infektionskrankheit aufzufassen. Der genaue Infektionsmodus ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch ist bekannt, dass schlechte hygienische Verhältnisse und Zusammenleben von zahlreichen Menschen auf engem Raum die Übertragung begünstigen. Steigerung des Lebensstandards und Besserung der hygienischen Bedingungen wären daher prophylaktische Maßnahmen, die insbesondere in Ländern der 3. Welt die Durchseuchung mit Helicobacter pylori vermindern könnten. An der Entwicklung einer Schutzimpfung gegen das Bakterium wird gearbeitet – derzeit ist jedoch noch kein Impfstoff verfügbar.
Die beste Vorbeugung gegen das Auftreten einer C-Gastritis besteht in der Vermeidung von speziellen Schmerzmitteln (den “nicht sterioidalen Anti-Rheumatica” =NSAR) und Alkohol. Sollte die Einnahme von NSAR aufgrund anderer Erkrankungen unbedingt nötig sein, so kann durch die zusätzliche Gabe “magenschützend” wirksamer Medikamente das Risiko des Auftretens von Komplikationen wie Ulcus ventriculi oder Ulcus duodeni vermindert werden.
Zur Therapie der Gastritis ist oft keine medikamentöse Behandlung notwendig. Oft reicht eine leichte Ernährungsumstellung (leichte Vollkost mit Meiden von sogenannten Säurelockern), Alkohol und Nikotinkarenz bereits zur Besserung.
Bei der A-Gastritis
besteht die entscheidende therapeutische Maßnahme in der Substitution von Vitamin B12, welches aufgrund der Erkrankung nicht ausreichend resorbiert wird. Dadurch können die oben angeführten Komplikationen eines Vitamin B12-Mangels verhindert, bzw. – falls bereits vorhanden – zumindest zum Großteil erfolgreich behandelt werden.
Die Ursache der B-Gastritis,
das Bakterium Helicobacter pylori, kann meist durch die einwöchige Einnahme eines Antibiotikaschemas in Kombination mit einer kompletten Säureblockade beseitigt werden. Sind Folgeerkrankungen der B-Gastritis wie Ulcera ventriculi oder Ulcera duodeni vorhanden, ist eine solche Eradikationstherapie jedenfalls angezeigt. Findet sich gastroskopisch bzw. histologisch lediglich eine nur geringgradig ausgeprägte Gastritis, ist der Wert einer Eradikationstherapie umstritten, da eine B-Gastritis häufig zu keinen Symptomen führt und andererseits eine Antibiotikatherapie gelegentlich empfindliche Nebenwirkungen bedingen können.
Die Symptome einer C-Gastritis
können am besten durch das Absetzen der auslösenden Noxe (z.B. NSAR oder Alkohol) gebessert werden. Zusätzlich, bzw. falls ein Absetzen der NSAR-Therapie nicht möglich ist, können “magenschützend” wirksame Medikamente verabreicht werden.
Dabei kommen Filmbildner (z.B. Ulcogant), die einen zusätzlichen Schutz für die Mucosa bewirken zum Einsatz. Einen anderen Wirkungsmechanismus besitzen die Histamin-2-Blocker, die zu einer Reduktion der Säuresekretion führen. Eine komplette Säurereduktion kann durch die sogenannten Protonenblocker (z.B. Zurcal, …) erreicht werden. Diese sind auch ein Teil der einwöchigen Eradikationstherapie zur Behandlung des Helicobacter.
Der Erfolg der Therapie ist zumeist rasch beurteilbar, da bei einem Ansprechen schnell eine deutliche Besserung der Symptomatik festzustellen ist. Gastroskopische Nachkontrollen werden bei der chronisch atrophen Gastritis und bei der A-Gastritis in jährlichen Intervallen empfohlen.