Colitis ulcerosa
Die Colitis ulcerosa ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, die vom Mastdarm kontinuierlich ausgehend den gesamten Dickdarm betreffen kann. Klinisch ist die Colitis durch ihren wechselhaften Verlauf mit akuten Phasen und mehr oder weniger langen Remissionen (Ruhezustand) gekennzeichnet.
Männer sind häufiger betroffen. Auftreten kann die Erkrankung in jedem Lebensalter, wobei ein Hauptgipfel um das 20. Lebensjahr besteht.
Die Faktoren, die zu einer Colitis ulcerosa führen sind weitgehend unbekannt. In mehreren Untersuchungen wird die ursächliche Wirkung von körpereigenen Autoantikörpern beschrieben. Das sind vom Körper produzierte Abwehrstoffe, die primär gegen Nahrungsbestandteile oder Darmkeime gebildet werden, aber später auch die Oberflächenstruktur des Darmes schädigen. Psychische Faktoren dürften ebenso zum Krankheitsbild gehören und vor allem für den Verlauf bestimmend sein.
Für die Colitis ulcerosa ist seit langem ein hohes Entartungsrisiko bekannt, wobei die Häufigkeit von der Ausdehnung der Erkrankung und von der Verlaufsdauer abhängt. Die einzig relativ verlässliche Früherkennungsmaßnahme stellt eine routinemäßig durchgeführte Coloskopie dar.
Symptome und Beschwerden
Klinisches Leitsymptom ist der blutige, eitrige Durchfall. Die Colitis beginnt oft schleichend und unmerklich bis schließlich massive Blutstühle zum Arzt führen. Eine Frequenz von 20 – 30 Stuhlabgängen pro Tag ist dabei nicht außergewöhnlich.
Krampfartige Bauchschmerzen bestehen vor allem im Unterbauch vor und während des Stuhlganges.
Typisch ist der schubhafte Verlauf. Akute Phasen und symptomfreie Intervalle (Remissionen) wechseln einander ab. Die Remissionen können über viele Jahre dauern, doch treten die Schübe gewöhnlich in kürzeren Abständen auf. Über die Dauer und Ausprägung der Rezidive lässt sich keine Aussage treffen.
Fulminante Verlaufsformen sind schwere und akut lebensbedrohliche Zustandsbilder. Diese sind gekennzeichnet durch einen plötzlichen Beginn mit ausgeprägten Durchfällen und hohem Fieber. Der massive Flüssigkeits- und Eiweißverlust aus dem linksseitigen Dickdarm führt rasch zur Verschlechterung des Allgemeinzustandes.
Diagnose
Die Diagnose kann durch die Endoskopie und durch Röntgenuntersuchungen gestellt werden. Differentialdiagnostisch müssen infektiöse Darmerkrankungen, Entzündungen von Divertikel und auch Tumore ausgeschlossen werden.
Endoskopisches Bild:
Die Oberfläche des Mastdarmes ist düsterrot entzündlich verändert und blutet leicht. Es finden sich kleine, fibrinbedeckte Schleimhautdefekte. Im fortgeschrittenen Stadium ist die Schleimhaut der befallenen Darmabschnitte weitgehend zerstört. Großflächige Ulcerationen, einzelne Inseln mit normalem Gewebe und polypöse Regeneratbildungen wechseln einander ab.
Typische Röntgenveränderungen:
Die Doppelkontrastuntersuchung des Dickdarmes ergibt einen Eindruck der Dickdarmkonturen. Dies wird durch einen Einlauf einer Barium Lösung und anschließender Insufflation (Einblasen) mit Luft erreicht. Typisch sind Kragenknopfabszesse, ein Verlust der dickdarmtypischen Schnürfurchen oder sägezahnartige Konturen.
Therapie
Zumeist ist eine ambulante Behandlung möglich, nur bei schweren Verlaufsformen ist eine stationäre Aufnahme erforderlich. Die medikamentöse Therapie basiert auf der Gabe von 5 Aminosalicylsäure (5-ASA, z.B. Claversal®, Pentasa®). Die Standarddosierung der 5-ASA Präparate ist 3 mal 0,5 Gramm pro Tag. Im akuten Schub wird diese Dosierung bis auf das 3-fache erhöht.
Bewährt hat sich bei hochakuten Stadien die zusätzliche Gabe von Cortisonpräparaten (40-60 mg Prednisolon pro Tag). Bei gutem Ansprechen der Therapie ist eine schrittweise Reduktion angezeigt, um die Nebenwirkungen wie Wassereinlagerung vor allem im Gesicht und Körper und Störungen des Blutzuckerstoffwechsels zu minimieren.
Budesonid (Cortisonhältig) steht auch als Fertig-Einlauf (Entocort-Klysmen®) zur Verfügung. Der Einlauf wird üblicherweise abends verabreicht und wirkt lokal im linksseitigen Dickdarm, vor allem aber im Mastdarm.
Bei schlechten Ansprechen auf die konventionelle Therapie werden mit gutem Erfolg immunsupprimierende Medikamente (z.B. Imurek) verabreicht. Da es sich dabei um Substanzen handelt, die die körpereigenen Abwehrmechanismen unterdrücken, muss auf die Nebenwirkungen, wie z.B. ein erhöhtes Krebsrisiko hingewiesen werden. Ein Wirkungseintritt ist erst nach 2-3 Monaten zu erwarten.
Die Dauer der Rezidivprophylaxe ist umstritten. Üblicherweise wird nach einer 2-jährigen ununterbrochenen beschwerdefreien Phase ein Auslassversuch unternommen.
Eine psychotherapeutische Behandlung wirkt sich im Intervall günstig auf den Verlauf aus. Im akuten Krankheitsschub hat die große Psychoanalyse nicht die erwarteten Erfolge gezeigt.
Wann müssen operative Maßnahmen ergriffen werden?
Die Indikation zur elektiven (geplanten) Operation besteht, sobald ein Karzinom oder eine hochgradige Schleimhautdysplasie nachgewiesen wurde. Notfallmäßig muss bei Komplikationen der Colitis operiert werden (Durchbruch, massive Blutung, kompletter Darmverschluss, fulminante toxische Verlaufsform mit schweren Allgemeinsymptomen).
Die chirurgischen Verfahren haben die komplette Entfernung des erkrankten Dickdarms als Ziel. Dies bedeutete früher nicht nur die Entfernung des gesamten Dickdarmes, sondern auch die definitive Anlage eines künstlichen Dünndarmausganges (anus praeter). Neue Operationstechniken ermöglichen zumeist die eine Schonung des analen Schließmuskelapparates. Auch ist es heute bereits möglich den Schließmuskel durch aufwendige Rekonstruktionen mit eigenen Muskelanteilen zu ersetzten oder durch die Implantation prothetischer Hilfsmittel die Kontinenz nach ausgedehnten Resektionen zu erhalten. Vorübergehend muss jedoch auch in diesen Fällen ein künstlicher Ausgang in Kauf genommen werden. In letzter Zeit wurden an einigen Abteilungen die Resektionen bei einer Colitis ulcerosa bereits laparoskopisch durchgeführt.
Trotz der Fortschritte der medikamentösen Therapiemaßnahmen hat die ausgedehnte Colitis ulcerosa noch immer eine schlechte Prognose. Die operative Entfernung des erkrankten Darmes bedeutet für die meisten Patienten eine definitive Heilung.