Das Mammakarcinom – Der Brustkrebs

von M. Prochaska

Das Mammakarcinom ist eine bösartige Veränderung der Brust – meist ausgehend von den Milchgängen oder den Drüsenzellen der Brust. Die entarteten Zellen wachsen in der Brust zu einem Tumor und können sich über die Lymphwege und das Blut über den ganzen Körper verteilen, das heißt Metastasen bilden.

In Österreich wird derzeit jedes Jahr bei ungefähr 4500 Frauen ein neu entdeckter Brustkrebs diagnostiziert. Das Risiko für eine Frau im Laufe ihres Lebens an einem Mammakarcinom zu erkranken liegt bei 11%, das heißt von hundert Frauen erkranken statistisch gesehen elf.
Die Zahl der Erkrankungen hat in den letzten Jahren zugenommen, teilweise ist das aber auch auf eine erhöhte Früherkennung aufgrund vermehrter und verbesserter Vorsorgeuntersuchungen bedingt.

Wer ist betroffen?

Eine direkte Vererbung über genetische Veränderungen (BRCA1 und BRCA2) ist sehr selten. Eine familiäre Häufung von Brustkrebs durch nicht so dominante, genetische Veränderungen und ähnlichem Lebensstil und damit ähnlichen Risikofaktoren ist schon häufiger. Ist ein naher direkter Verwandter (Mutter, Schwester,…) an Brustkrebs erkrankt, steigt das eigene Risiko deutlich an.

Risikofaktoren zu erkennen ist Ziel intensiver Forschung. Einigermaßen gesichert sind einige gutartige Brusterkrankungen, wie zum Beispiel Mastopathien mit Dysplasien und atypische Hyperplasien. Hormonelle Faktoren, erkennbar an gynäkologischen Daten wie: späte erste Regel, später “Wechsel”, keine Kinder oder späte Schwangerschaften führen auch zu einem höheren Brustkrebsrisiko. Wichtige und leichter zu beeinflussende Faktoren sind Lebensgewohnheiten und Ernährung. Hoher Alkoholkonsum und hoher Fettkonsum, Übergewicht oder zum Beispiel mehr als 20kg Gewichtszunahme im Erwachsenenalter erhöhen das Risiko. Regelmäßige Bewegung, Sport und gesunde, ausgewogene Ernährung führen zu einer Risikoreduktion.

Im Frühstadium macht das Karcinom der Brust fast keine Beschwerden. Selbst größere tastbare Befunde führen die Patienten nicht wegen Schmerzen zum Arzt.

Gelegentlich besteht eine Sekretion aus der Brustwarze. Dieses Sekret ist oft blutig verfärbt. Auch narbige Einziehungen der Brustwarze oder eine auffallende Seitendifferenz sind Hinweise auf darunter liegende Tumore.

Es bestehen entsprechende Hautveränderungen über oberflächlich liegenden Tumoren. Die Haut kann geringgradig verfärbt und gespannt sein. Geschwürsbildungen im Brustbereich sind nahezu immer durch einen, in die Haut einwachsenden Tumor verursacht. Ein Symptom eines fortgeschrittenen Tumors kann die düsterrote Verfärbung eines Teiles oder der gesamten Brust sein (inflammatorischer Typ).

Zumeist ist der tastbare Knoten das erste Symptom.

Ziehende Beschwerden in der Brust oder schmerzhafte Knoten müssen immer abgeklärt werden. Sie sind als Symptome allerdings wenig spezifisch und müssen von gutartigen Brustdrüsenveränderungen (Mastopasthien) unterschieden werden.

Tastbare knotenförmige Veränderungen in der Achsel können durch Lymphknotenschwellung verursacht sein und bedürfen bei längerem Bestehen einer entsprechenden Abklärung.

Früherkennung ist extrem wichtig! In früheren Stadien ist das Mammakarzinom heilbar, das heißt das weitere Leben und die weitere Lebenszeit wird dadurch nicht beeinträchtigt. Je früher eine Veränderung erkannt wird, desto besser sind die Chancen.

Früherkennung basiert hauptsächlich auf 2 Untersuchungen:

Die Untersuchung der Brust durch systematisches Abtasten einerseits als Selbstuntersuchung, am besten monatlich nach der Regelblutung oder durch den Arzt. Tastbare Veränderungen können so ohne apparativen Aufwand festgestellt werden.

Die Mammographie – das Bruströntgen kann auch noch nicht tastbare, also noch kleinere Veränderungen feststellen. Nach dem derzeitigen Wissen wird eine Basismammographie im 40. Lebensjahr und danach Kontrollen alle 1 – 2 Jahre empfohlen. Bei erhöhtem Risiko sollte die Basismammographie schon früher, zum Beispiel im 35. Lebensjahr, durchgeführt werden. Begleitend wird meist auch eine Sonographie – eine Ultraschalluntersuchung der Brust durchgeführt.
In Wien wird es demnächst eine breit angelegte Informationsoffensive mit einer persönlichen Einladung zur Mammographie an alle Frauen über 50 Jahre geben.

Wie werden “verdächtige” Befunde abgeklärt?

Unklare, “verdächtige” Befunde können durch weitere Untersuchungen wie Magnetresonanztomographie (MRI) abgeklärt werden.
Eventuell sind Punktionen – das sind Gewebeentnahmen mit Punktionsnadeln – nötig, bei tastbaren Veränderungen in örtlicher Betäubung, bei nicht tastbaren Veränderungen ultraschallgezielt oder mammographisch gezielt (Mammotom, ABBI).

Eventuell ist auch die sofortige operative Entfernung anzuraten.

Die operative Entfernung des bösartigen Tumors ist in allen Therapiekonzepten der zentrale Punkt. Ein geltender operativer Grundsatz ist: so viel wie nötig (Entfernung im Gesunden, Sicherheitsabstand) – so wenig wie möglich (Brusterhaltende Operationen, plastische Chirurgie, Wiederaufbau der Brust). Wichtig ist auch die histologische Gefrierschnittuntersuchung während der Operation, um zwischen gut- und bösartigen Veränderungen zu unterscheiden und so das weitere operative Vorgehen zu bestimmen.

Operationsarten

Bei einer Probeexcision (PE) oder Tumorektomie wird der Knoten entfernt und noch im Operationssaal im mikroskopisch untersucht. Ist dieser sogenannte Gefrierschnitt negativ, das heißt der Tumor gutartig, bedeutet dies das Ende der Operation. Ist der Gefrierschnitt positiv, das heißt der Tumor ist bösartig, muss die Entfernung im gesunden Gewebe erfolgen, das heißt eventuell Nachresektionen an der Brust und zusätzlich operative Ausräumung des Lymphdrüsenkörpers in der Achsel meist durch einen zweiten Schnitt.

Bei der Quadrantenresektion mit Axillendissektion wird unter Schonung der verbleibenden Brust der bösartigen Tumor und die Lymphknoten der Achselhöhle entfernt.

Die modifizierte, radikale Mastektomie (MRM) bedeutet die radikale Entfernung der gesamten Brustdrüse. Dieses früher sehr häufig angewandte Konzept muss heute nur mehr bei sehr großen Tumoren, bei mehreren Tumoren in einer Brust oder bei sich diffus ausbreitenden Tumoren angewandt werden. Die axilläre Lymphknotenausräumung erfolgt dabei von der Brust aus, es gibt also keinen zweiten Schnitt in der Achsel. Die komplette Entfernung der Brust ist immer seltener notwendig, unter anderem wegen neuer Chemotherapiekonzepte (neoadjuvante Chemotherapie, siehe unten).

Als Komplikationen der chirurgischen Maßnahmen sind Infektionen und Nachblutungen im Operationsgebiet möglich. Aus diesem Grund wird postoperativ auch ein straffer Verband angelegt. Eine Schwellung im Wundgebiet wird durch einen Stau von Gewebeflüssigkeit (oft erst nach einer Woche) verursacht und kann durch ein-, selten mehrmalige Punktionen behoben werden. Gefühlsstörungen an der Innenseite der Oberarme, aber auch Schmerzen in der Schulter sind die Folge des operativen Eingriffs in der Achsel mit der Schädigung der dort sich befindenden Nervenäste. Selten wird heute noch eine Schwellung des gesamten Armes (Lymphödem) beobachtet.

Zusätzlichen Therapiemöglichkeiten

Strahlentherapie: hauptsächlich als Nachbestrahlung bei brusterhaltenden Operationen, nur damit erreicht man eine gleich niedrige Lokalrezidivrate – das heißt, das neuerliche Auftreten eines Tumors in der operierten Brust – wie bei der Totalentfernung der Brust.

Chemotherapie: Die adjuvante Chemotherapie wird nach einer erfolgreichen, radikalen Operation – das heißt, das Karzinom wurde komplett entfernt, und es gibt keinen Hinweis auf Metastasen – verabreicht, um die künftige Bildung von Metastasen aus eventuell im Körper verbliebenen Tumorzellen zu verhindern. Diese Therapien senken die Wahrscheinlichkeit später Metastasen zu bekommen um durchschnittlich 30 – 40%.
Eine neoadjuvante Chemotherapie wird bei großen Tumoren bereits vor der Operation gegeben, um das Karzinom zu verkleinern und so eher brusterhaltend operieren zu können. Außerdem soll damit frühzeitig die Bildung von Metastasen verhindert werden.
Bestehend bereits Metastasen, die nicht operativ entfernt werden können, wird eine palliative Chemotherapie mit dem Ziel das Tumorwachstum zu stoppen und die Beschwerde zu lindern, verabreicht.

Hormontherapie: das Brustdrüsengewebe reagiert als “sekundäres Geschlechtsmerkmal” auf Geschlechtshormone. Ist auch das entartete Brustgewebe – das Karzinom “Hormonrezeptor-positiv” kann man durch “Antihormone” (Östrogenantagonisten zum Beispiel Nolvadex®) eine Ausbreitungshemmung erzielen.

Alternative Therapien: abwehrstärkende Maßnahmen und vor allem die Psyche stärkende Maßnahmen unterstützen die oben angeführten Therapien. Besonders hervorzuheben sind Selbsthilfegruppen, wo betroffene Frauen unter professioneller Hilfe ihre individuellen Erfahrungen und Probleme aufarbeiten können.

“Neuerungen” in der Mammakarzinomtherapie

Außer der oben beschriebenen neoadjuvanten Chemotherapie ist noch die “Sentinel node biopsy” zu erwähnen. Dabei wird der erste Lymphknoten im Lymphknotenabflussweg von der Brust zur Achsel speziell markiert und operativ entfernt. Ist dieser Lymphknoten tumorbefallen, wird die Achselhöhle wie bisher operiert. Ist dieser Lymphknoten tumorfrei, wird man in Zukunft auf die Achselausräumung verzichten können.