Hämorrhoiden
Vorweg eine Klarstellung: Jeder hat Hämorrhoiden. Erst bei Auftreten von Beschwerden wird vom Haemorrhoidalleiden gesprochen. 50% der westlichen Bevölkerung leidet zeitweise darunter.
Das Haemorrhoidalleiden betrifft alle Altersgruppen, selbst Kleinkinder; Männer häufiger als Frauen. Unter den Hämorrhoiden versteht man die 3 größeren Gefäßpolster, die am Ende des Mastdarmes innerhalb des Schließmuskels lokalisiert sind, und zum Feinverschluss des Enddarmes beitragen.
Ursachen und Entstehung
Untersuchungen haben ergeben, dass es kaum Hämorrhoidalbeschwerden in ländlichen Gegenden Afrikas gibt. Im Gegensatz dazu leiden Afrikaner in amerikanischen Städten sehr wohl unter dieser Erkrankung. Als Ursache werden die ballaststoffarme Ernährung und die damit verbundene Änderung der Verdauung angenommen. Eine längere Passagezeit durch den Darm und eine verzögerte Entleerung, verbunden mit wiederholten starken Pressen beim Stuhlgang fördert die Entstehung des Leidens. Fettreiche Mahlzeiten und reichlich Alkoholgenuss bewirken eine Verbreiterung des hämorrhoidalen Plexus. Auch psychischer Stress kann eine Rolle spielen.
Die während einer Schwangerschaft vergrößerten Haemorrhoidalknoten bilden sich zumeist nach der Entbindung zurück, gelegentlich bleibt ein Restzustand bestehen, der später zu Beschwerden führen kann.
Symptome und Beschwerden
Die Symptome hängen nicht mit der Größe der Knoten zusammen. Während größere 4gradige Hämorrhoiden oft keine Schmerzen verursachen, können bereits kleinere Knoten erhebliche Beschwerden bereiten. Das häufigste Symptom ist die Blutung, zumeist finden sich einzelne hellrote Tropfen an der Stuhloberfläche oder auf dem Toilettenpapier. Selten kommt es zu einer schweren, akut behandlungsbedürftigen Blutung.
Schmerzen treten erst bei einer Schwellung der Knoten auf. Ursache ist entweder ein Blutstau (Thrombose) in einem der Knoten oder eine Entzündung. Die Knoten sind livide oder dunkelrot verfärbt, verdickt und bei Berührung stark schmerzhaft.
In jedem Stadium der Erkrankung kann eine schleimige Sekretion angegeben werden. Mit zunehmender Größe der Hämorrhoiden wird eine Störung der Schlussfähigkeit des Schließmuskels (Inkontinenz) auffallend. Verschmutzung der Unterwäsche, unkontrollierbare Absonderungen von Schleim und flüssigen Stuhlbestandteilen sind die Folge.
Die permanente Schleimsekretion verursacht eine entsprechende Schädigung des umgebenden Hautareals. Es bildet sich ein Ekzem. Infektionen mit Pilzen sind häufig. Oft besteht ein quälender Juckreiz, der zu einer schweren Beeinträchtigung des Wohlbefindens führen kann.
Bei all diesen Symptomen, vor allem bei Schmerzen, müssen andere Erkrankungen der Analregion ausgeschlossen werden, die ähnliche Beschwerden verursachen können.
Diagnose
Am Beginn der diagnostischen Maßnahmen steht die Inspektion. Dabei lassen sich die meisten Erkrankungen der Analregion bereits oft unterscheiden.
Die Einteilung erfolgt nach dem Schweregrad in 4 Stadien:
- Hämorrhoiden 1. Grades: gering vergrößerte Knoten; kein Vorfall; verursachen
noch keine Schmerzen, können aber Anlass für eine Blutung sein - Hämorrhoiden 2. Grades: Beim Pressen Vorfall der Knoten bis in den Analkanal;
von außen sichtbar - Hämorrhoiden 3 Grades: Prolabierende Knoten, die spontan nicht mehr zurückgleiten.
- Hämorrhoiden 4. Grades: Permanent prolabierende Knoten, die sich nicht mehr rückverlagern lassen; Vorfall der Mastdarmschleimhaut
Eine sichere Diagnose ist durch eine Rektoskopie möglich
Das ist eine Spiegelung des Mastdarmes, die nach einer Vorbereitung mit einem kleinen Einlauf zumeist einfach und schmerzfrei durchgeführt werden kann. Nun können nicht nur Erkrankungen der Analregion unterschieden werden, auch eine Beurteilung des Mastdarmes ist möglich.
Bei Blutungen aus dem Darm sollte auf jeden Fall eine komplette Darmuntersuchung durchgeführt werden, um andere Blutungsursachen (Polypen, Tumoren) nicht zu übersehen.
Wichtig ist die Differentialdiagnose (Unterscheidung anderer Erkrankungen). Dabei müssen folgenden Erkrankungen ausgeschlossen werden:
- Äußere Hämorrhoidalvenenthrombose: stark schmerzhafter Knoten am äußeren Afterrand
- Fissuren (Schleimhauteinrisse): Schmerzhaft beim Stuhlgang, gering blutend
- Adenome der Darmschleimhaut: zumeist weicher und oberflächlich unauffälliger Knoten
- Condylomata accuminata (Feigwarzen): warzenartige Wucherungen in der Analregion Krebserkrankungen des Mastdarmes oder der umgebenden Strukturen
Therapie
Eine Indikation zur Behandlung stellt sich durch die häufig wiederkehrenden Beschwerden oder durch anhaltende Blutabsonderungen.
Vorweg sollte die Regulierung der gestörten Darmtätigkeit angestrebt werden. Die Empfehlungen zielen zumeist auf eine ballaststoffreiche Diät und die Zufuhr von reichlich Flüssigkeit hin. Es wird auf die Wichtigkeit einer entsprechenden Hygiene hingewiesen. Dazu gehört unter anderem die Reinigung mit einem feuchten, aber seifenfreien, weichem Toilettenpapier nach dem Stuhlgang. Eine übertriebene Hygiene durch täglich oftmaliges Waschen führt eher zur Austrocknung der Haut und zur Entstehung von Ekzemen.
Die medikamentöse Therapie durch Venenpräparate wird durch die gefäßwandstärkende Wirkung dieser Medikamente (z.B. Daflon©) begründet. Die meisten Salbenpräparate wirken auf gleiche Weise lokal und sollen damit ein Abschwellen der Knoten bewirken. Eine Unzahl von Fertigprodukten und spezielle zubereitete Mixturen stehen hier dem Patienten zur Auswahl. Bei bestehenden Ekzemen werden Salben und Cremen mit einem Cortisonzusatz empfohlen.
Wenn Salben nicht mehr helfen…
Bei dem Versagen konservativer Maßnahmen stellt sich die Indikation zu einem invasiven Vorgehen. Die Sklerosierung (Verödung) der Knoten mit Phenolmandelöl oder einer chininhältigen Lösung führt zu einer Vernarbung und Verkleinerung bei 1.-2.gradigen Hämorrhoiden. Für die gesamte Behandlung sind 2-4 Sitzungen in 1-4wöchigen Abständen erforderlich. Komplikationen sind selten und treten nur bei zu oberflächlichen oder zu tiefen Injektion auf.
Bei der Gummibandligatur wir ein kleiner Gummiring mit Hilfe eines speziellen Rektoskops um die Basis des Knotens gelegt. Nach ca. 7-10 Tagen fällt dieser Knoten ab und die Schleimhaut bleibt auf der Unterlage fixiert. Wenn nur die Basis des Knotens und damit keine empfindliche Haut gefasst wird, ist diese Behandlung absolut schmerzlos und für Hämorrhoiden 1.-3. Grades indiziert.
Vor allem bei kleineren blutenden Hämorrhoiden kann die Infrarotkoagulation angewendet werden. Durch die Strahlenapplikation entstehen lokal Temperaturen bis 100 Grad, wodurch die zuführenden Gefäße verschorft werden können. Üblicherweise werden in 1-2 Sitzungen 3-4 Stellen koaguliert.
Diese Behandlungsmethoden führen in 50-70% zur Symptomfreiheit, in den übrigen Fällen ist eine Zusatztherapie oder eine spätere Operation erforderlich. Die beschriebenen Verfahren sind deutlich weniger aufwendig und weniger schmerzhaft als der operative Eingriff.
Eine neue Behandlungsmethode ergibt sich durch den Einsatz der ultraschallgezielten Hämorrhoidalarterienlugatur. Die Behandlung ist zumeist ohne Narkose möglich und ermöglicht eine genaue Identifikation der zu den Knoten führenden Arterien, sodass eine sichere Unterbindung möglich wird.
Grosse Hämorrhoiden werden zumeist operiert
In Vollnarkose oder mit einem tiefen Kreuzstich werden die Knoten reseziert und die versorgenden Gefäße unterbunden. Oft resultiert eine offene Wunde am Anus, die selbstständig abheilt. Ein Krankenhausaufenthalt für 1-2 Tage wird dem Patienten angeraten, da die postoperative Schonung wesentlich zur Heilung beiträgt. Die weitere Nachbehandlung betrifft die Stuhlregulierung (z.B. mit Paraffinöl) sowie die sorgfältige Waschung mit angenehm temperierten Wasser nach jedem Stuhlgang.
Komplikationen sind selten. Allerdings klagen die Patienten in den ersten postoperativen Tagen, vor allem aber nach dem Stuhlgang über lokale Schmerzen, die medikamentös oder mit lokal anästhesierenden Salben behandelt werden müssen. Blutige Abgänge bestehen gelegentlich bis zu 3 Wochen nach der Operation. In 5% der Fälle kommt es zu einem Rezidiv, allerdings in 25% zu einer Feinkontinenzstörung, wodurch sich die zurückhaltende Indikationsstellung zur Operation erklärt.
Das Lifting der Analschleimhaut
Im Gegensatz dazu sieht sich die neue Operationsmethode nach Longo eher als eine Operation des unteren Mastdarmes mit einer manschettenförmigen Entfernung der untersten Schleimhaut. Dadurch werden die zuführenden Hämorrhoidalarterien unterbunden und die vorfallenden Hämorrhoidenpolster hinter den Schließmuskel zurückverlagert. Die empfindliche Haut am Ausgang wird geschont, die postoperativen Schmerzen sind geringer und die Feinkontinenz ungestört. Als Komplikation muss auf Nachblutungen hingewiesen werden, die gegebenenfalls einen weiteren operativen Eingriff erforderlich machen. Rezidive nach dieser Methode sind häufiger, Komplikationen selten, aber wenn sie auftreten, zumeist schwerwiegend (Fistelbildung zur Scheide oder in das umgebende Gewebe).